Special zum International Tag der Asexualität: Ace Aktivismus Spotlight mit Amber (Niederlande)

[GERMAN + ENGLISH VERSION AVAILABLE]

In diesem Special möchten wir die internationalen Verbindungen zu anderen asexuellen Communities stärken und sie näher kennnenlernen: Was sind ihre Bedürfnisse? Wie lebt es sich als Person auf dem asexuellen Spektrum in ihrem Land? Wie steht es um Asexualität als gesellschaftliches Thema?
Dabei wollen wir individuellen Aktivismusbetreibenden aus unseren Nachbarländern eine Plattform bieten, sie persönlich mit all ihren Erfahrungen kennenlernen und für ihre großen und kleinen Erfolge feiern.

Das ist die Geschichte von Amber!

Zur Person:
Name, Pronomen: Amber, they/them, aus den Niederlanden ist asexuell, biromantisch/aroflux und genderqueer
Alter: 28 Jahre
Hobbies: Malen, Lesen und sich um die 18 Hauspflanzen kümmern
Berufliches: Englisch/Niederländisch-Übersetzungen


Amber hat asexuelle Repräsentation während der Universitätszeit erforscht und das mit Durchschlagskraft: They hat dazu ein Paper veröffentlicht und eine bemerkenswerte Masterarbeit zu nicht-menschlicher und asexueller Narrative in Science Fiction verfasst. Weil das alleine natürlich nicht genug für Amber war, kann they auch noch ein Ehrenamt bei der renomierten niederländischen LGBTQIA+-Organisation COC vorweisen, welches they während der Masterarbeit absolvierte. Zu dieser Zeit fing Amber auch an, sich durch zahlreiche Medienauftritte einen Namen zu machen und Interviews zu geben. Gelegentlich tippt Amber auch mal selbst, wie they gerade erst für OneWorld.nl unter Beweis stellte. Aus dem Frust über die Misrepräsentation von Asexualität heraus, entstand auch their eigener Blog. Doch worauf Amber am stolzesten ist, ist die Gründung der Netherlands Organisation Asexuality (NOA) mit einer Gruppe anderer niederländischer Asexueller, die sich zur Aufgabe gemacht hat, für mehr lokale asexuelle Sichtbarkeit und Informationsarbeit einzustehen. Chapeau, Amber!


Wie geht Dir gerade, Amber? Wie hast Du das Jahr 2020 erlebt und welche Eindrücke haben das bisherige Jahr bei Dir hinterlassen?
Für mich persönlich war die Pandemie glücklicherweise nicht so schlimm, aber ich kann es kaum erwarten, mich impfen zu lassen und alle meine Freund_innen wiederzusehen! Was frustrierend war, ist, dass 2020 das erste Jahr war, in dem wir NOA gestartet haben und wir mussten fast alle unsere Pläne abblasen. Letztlich haben wir unsere Website gestartet, einen Flyer erstellt und einige Dinge in den sozialen Medien für die Ace Week organisiert, sodass das Jahr sicherlich nicht verschwendet wurde, aber wir können hoffentlich mehr tun, wenn die Pandemie vorbei ist.

Darf ich Dich fragen, wie Du zum Ace Aktivismus gekommen bist?
Ich war 22 Jahre alt, als ich von Asexualität erfuhr und erkannte, dass dieser Begriff auf mich zutraf. Obwohl ich erleichtert war, dass ich endlich wusste, warum ich so bin wie ich bin, fühlte ich mich auch sehr wütend. Ich hatte immer großen Druck empfunden, eine Beziehung einzugehen und Sex zu haben, obwohl ich dem nie nachgegeben habe. Ich wünschte, jemand hätte mir von Asexualität erzählt, als ich in der Sekundarschule war. So wurde es zu meiner Mission, so viele Menschen wie möglich darüber zu informieren, damit andere es früher herausfinden als ich.

Wie ist es, asexuell in den Niederlanden zu sein?
Ich möchte sagen, dass es nicht so schlimm ist, als asexuelle Person in den Niederlanden zu leben. Im Vergleich zu vielen anderen Ländern ist mein Land sowohl in Bezug auf die Gesetzgebung als auch in Bezug auf die Kultur relativ LGBTQIA+-freundlich. Aber leider ist es immer noch nicht großartig. Wir haben praktisch keine Repräsentation von Asexualität in niederländischen Medien. Das niederländische COC, die größte Organisation in unserem Land, die sich für queere Menschen einsetzt, vertritt die asexuelle Bevölkerung nicht offiziell. Und meistens werden wir nicht in die LGBTI+-Forschung einbezogen. Dies sind Dinge, die wir mit NOA ändern möchten, aber Fakt ist auch, dass die Niederlande im Vergleich zu beispielsweise Großbritannien oder den USA weit hinterherhinken. Auf einer persönlicheren Ebene bemerke ich auch, dass fast niemand hier weiß, was Asexualität ist. Da ich Interviews gegeben und viel über Asexualität geschrieben habe, habe ich auch viele aphobe Kommentare von Menschen in meinem Land erhalten. Zum Glück habe ich eine zähe Haut, aber ich habe asexuelle Freunde, die für ein Coming Out sich nicht sicher fühlen oder einfach nur ihre Sexualität für sich zu behalten, damit sie es nicht weiter erklären müssen.

Was ist der beste Teil Ihrer Identität?
Da ich akzeptiert habe, dass ich ace und genderqueer bin, fühle ich mich weniger eingeschränkt. Ich habe darüber nachgedacht, ob ich tatsächlich eine Beziehung möchte oder wie ich mich über eine Poly-Beziehung fühlen würde. Ich habe keine Antwort auf diese Fragen, aber ich hätte sie niemals detailliert betrachtet, wenn ich nicht den ganzen Weg zur Selbstakzeptanz gegangen wäre. Seit ich mein Coming Out als genderqueer hatte, habe ich auch angefangen, mehr „Männerkleidung“ zu tragen und ich habe einen kürzeren Haarschnitt. Heutzutage ist Geschlecht etwas, mit dem ich spiele, anstatt etwas, das mich definiert.

Was bedeutet der Internationale Tag der Asexualität für Dich persönlich und für Deine Community?
Ich denke, es ist gut, einen Tag früher im Jahr zu haben, um der Asexualität ein bisschen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Normalerweise organisieren wir mit NOA Dinge für Pride und dann für Ace Week. Wir widmen auch der Aromantic Spectrum Awareness Week etwas Aufmerksamkeit, aber dann gibt es eine mehrmonatige Pause bis Pride, wo wir nur inaktiv sind. IAD füllt diesen Raum sehr gut aus. Ich mag auch den internationalen Aspekt und die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit anderen Ace-Organisationen sehr.

Am Liebsten sehe ich andere Leute mit Aceflaggen bei der Pride.
Wir befreunden uns gleich. Es ist toll!

Amber übeR CSD-veranstaltungen

Was sind denn Deine oder NOAs Pläne für den IAD?
Das NOA-Team hat das Ace Stories-Projekt entwickelt. Zu dem Zweck sammeln wir Geschichten von aces auf der ganzen Welt, die wir in verschiedene Sprachen übersetzen und in Videos vorlesen, die wir wiederum in den sozialen Medien veröffentlichen.

Wie ist denn der niederländische CSD so? Feierst Du?
Ich habe Amsterdam Pride in den Jahren 2018 und 2019 zweimal besucht. Ich habe diese Veranstaltungen so sehr geliebt und dort so viele Freund_innen gefunden! Beide Male habe ich mich sehr akzeptiert gefühlt und es gab ein großes Gefühl der Solidarität. Ich habe viele Fragen zu meiner Ace-Flagge bekommen (z. B. „Aus welchem Land stammt diese Flagge?“), was eine gute Gelegenheit ist, Leute über Asexualität aufzuklären. Am Liebsten sehe ich andere Leute mit Aceflaggen bei der Pride. Wir befreunden uns gleich. Es ist toll!

Was erhoffst Du Dir die Zukunft für Asexualität in Deinem Land?
Ich hoffe hauptsächlich auf mehr Unterstützung von anderen LGBTQIA+-Organisationen. Sie können dazu beitragen, dass wir in die LGBTQIA+-Forschung und -Unterricht über Asexualität in Schulen einbezogen werden. Ich denke auch, dass die niederländischen Medien uns helfen könnten, mehr Sichtbarkeit zu generieren. NOA hat bereits viel Hilfe von Menschen außerhalb der asexuellen Gemeinschaft erhalten, wofür ich sehr dankbar bin. Das macht mich auch hoffnungsvoll für die Zukunft. Es gibt immer Menschen, die bereit sind, unserer Sache zu helfen, uns eine Plattform zu geben und vor allem uns zuzuhören.

Was sind denn Deine post-Pandemie-Pläne?
Mich mit all meinen Freund_innen treffen und Konzerte besuchen! Ich werde auch jeden, dem ich begegne, umarmen, also passt auf!


Wenn Du die Möglichkeit hättest, was würdest Du der deutschen asexuellen Community sonst noch sagen wollen?
Du bist wundervoll und ich hoffe du hast einen tollen Tag!
[nicht übersetzt, Amber hat das so auf Deutsch für Euch geschrieben 🖤 ]


Amber und their Organisation NOA findet ihr bei Twitter, Facebook und Instagram unter dem Handle @aseksualiteit und @acetivist (Twitter)


International Asexuality Day Special: Ace Activism Spotlight on Amber (Netherlands)

On this special occasion, we would like to strengthen the bonds to other asexual communities internationally and get to know them better: What are their needs? What is it like to be a person on the asexual spectrum in their country? What is the outlook on asexuality as a social issue? We want to offer individual activists from our neighboring countries a platform, get to know them personally – with all their different experiences and celebrate them for their big and small successes.

That’s the story of Amber!

Get to know them:
Name, pronouns: Amber, they/them from the Netherlands is asexual, biromantic/aroflux and genderqueer
Age: 28 years
Free time activities they enjoy: Drawing, reading and taking care of their 18 house plants
Occupation: English-Dutch translator


While at university, Amber researched asexual representation with remarkable results: They got to publish a paper and wrote an exceptional master’s thesis on non-human and asexual narratives in science fiction. Because the sky is the limit, Amber also volunteered at the Dutch LGBTQIA+ organization COC during completion of their master’s thesis. It was around this time that Amber began to make a name for themselve through numerous media appearances, namingly interviews. As recently demonstrated for OneWorld.nl (article), Amber also takes matter into their own hands when it comes to media. Their very own blog was born out of frustration with rampant misrepresentation of asexuality. Amber is most proud of founding the Netherlands Organization Asexuality (NOA) with a group of other Dutch asexuals, making it their mission to stand up for more local asexual visibility and information work. Chapeau, Amber!


How are you doing, Amber? How’s 2021 treating you?
On a personal level, the pandemic thankfully hasn’t been too bad for me, but I can’t wait to get vaccinated and see all my friends again! What’s been frustrating is that 2020 was the first year we’ve been running NOA, and we had to cancel almost all of our plans. We did end up launching our website, creating a flyer, and organising some things on social media for Ace Week, so the year certainly wasn’t wasted, but hopefully we can do more once the pandemic is over.

May I ask you, how did you get involved in ace activism?
I was 22 years old when I found out about asexuality and realised that term applied to me. Although I was relieved that I finally knew why I am the way I am, I also felt very angry. I always felt a lot of pressure to get a relationship and start having sex, even though I never gave in to that pressure. I wished someone would have told me about asexuality when I was in secondary school. So it kind of became my mission to let as many people as possible know about it, so that others might find out sooner than I did.

What is it like to be asexual in your country?
I want to say it’s not that bad to be asexual and live in the Netherlands. In comparison to many other countries, my country is relatively LGBTQIA+ friendly, in terms of both legislation and culture. But unfortunately it’s still not great. We have virtually no representation of asexuality in Dutch media. The Dutch COC, which is the largest organisation in our country advocating for queer people, doesn’t officially represent the asexual population. And more often than not we’re not included in LGBTI+ research. These are things we want to change with NOA, but they’re also things that the Netherlands is far behind on compared to, for instance, the UK or the US.
On a more personal level I also notice that almost no one here knows what asexuality is. Because I’ve given interviews and written a lot about asexuality, I’ve also gotten a lot of aphobic comments from people in my country. Thankfully I’ve got thick skin, but I have asexual friends who don’t feel safe to come out or just rather keep their sexuality to themselves so they don’t have to keep explaining it.

What is the best part of your identity?
Since I’ve accepted that I’m ace and genderqueer I feel less restricted. I’ve started thinking about whether I actually want a relationship or how I would feel about having a poly relationship. I don’t have an answer to these questions, but I would never even have considered them in much detail if I hadn’t gone through that whole path to self-acceptance. Since I’ve come out as genderqueer I also started wearing more ‘men’s clothes’ and I’ve gotten a shorter haircut. Nowadays gender is something I play with instead of something that defines me.

What does the International Asexuality Day mean to you personally and for your community?
I think it’s good to have a day earlier in the year to give asexuality a bit of extra attention. Normally, with NOA, we’d organise things for Pride and then for Ace Week. We also give some attention to Aromantic Spectrum Awareness Week, but then there’s a gap of a few months until Pride, where we’d just be inactive. IAD fills up that space very nicely. I also really like the international aspect and the opportunities for collaboration with other ace organisations.

Do you or NOA have any plans on IAD you like to share?
The NOA team came up with the Ace Stories Project. For this project, we are collecting stories from ace people around the world that we translate into different languages and read out in videos that we publish on social media.

What’s Pride like in the Netherlands? Do you celebrate?
I’ve attended Amsterdam Pride twice, in 2018 and 2019. I loved those events so much and made so many friends there! Both times I felt very accepted and there was a great sense of solidarity. I did get a lot of questions about my ace flag (such as ‘which country is that flag from?’), which I saw as a good opportunity to educate people about asexuality. My favourite thing about Pride is seeing other people with ace flags. You just instantly become friends. It’s great!

What are your hopes for the future concerning asexuality in your country?
I’m mostly hoping for more support from other LGBTQIA+ organisations. They can help with having us included in LGBTQIA+ research and teaching about asexuality in schools. I also think the Dutch media can help us to create more visibility. NOA has already had a lot of help from people outside of the asexual community, which I’m very grateful for. That also makes me hopeful for the future. There’s always people who are willing to help our cause, give us a platform, and most importantly, listen to us.

Tell me about your post-pandemic plans?
Meet up with all my friends and go to concerts! I’m also going to give everyone I meet a hug, so watch out!

If anything, what else would you like to say to the German asexual community if you got the chance?
Du bist wundervoll und ich hoffe du hast einen tollen Tag!

Amber and their organisation NOA can be found on Twitter, Facebook and Instagram under the handle @aseksualiteit and @ acetivist (Twitter).

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